Beschlussvorlage - BV/2020/0494
Grunddaten
- Betreff:
-
Fortschreibung des qualifizierten Mietspiegels
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- Stadtentwicklung, Umwelt und Bauen (6)
- Bearbeiter:
- Miriam Wunn
- Beteiligt:
- Stadtentwicklung, Umwelt und Bauen (6)
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschlussart | NA |
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●
(nicht gesetzt)
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Stadtentwicklungs-, Biosphären-, Umwelt- und Demographieausschuss
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Vorberatung
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●
(nicht gesetzt)
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Stadtrat
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Entscheidung
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07.12.2020
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Erläuterung
Der Gutachterausschuss des Saar-Pfalz-Kreises, als Ersteller des Mietspiegels hat folgende Unterlagen eingereicht:
- Allgemeine Informationen
- Beschluss zur Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels
- Notwendigkeit des Amtes für Soziale Angelegenheiten eines schlüssigen Konzeptes zur Berechnung der Kosten der Unterkunft (BSG, Urteil vom 22.03.2012)
- Bürgermeisterbesprechung im September 2014
- Neuerstellung des Qualifizierten Mietspiegels 2014 für den Saarpfalz-Kreis
- Durchführung durch den Gutachterausschuss für den Saarpfalz-Kreis (Beschluss Kreistag 17.12.2012)
- periodische Einberufung des Arbeitskreises "Mietspiegel" aus Vertretern der Städte und Gemeinden (hier Frau Geib) sowie den Interessenvertretern der Mieter und Vermieter
- Nutzen und Vorteile von Mietspiegeln
Im Wesentlichen erfüllt ein qualifizierter Mietspiegel folgende Aufgaben:
- Grundlage für die Berechnung von Leistungen für die Unterkunft im Rahmen von SGB II und XII.
- neutrale Marktübersicht, Interessenausgleich von Mietern und Vermietern
- dient als ortsübliche Vergleichsmiete im Sinne des § 558 (2) BGB
- stellt formalrechtlich einwandfreies Instrument zur Begründung berechtigter Mieterhöhungsbegehren
- trägt zu außergerichtlichen Einigungen bei
- in Gerichtsverfahren gilt die widerlegbare Vermutung, dass die in ihm bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben.
Weitere Vorteile:
- Mietspiegel stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung
- Mietspiegel schaffen Markttransparenz
- Mietspiegel schaffen Rechtssicherheit
Besondere Bedeutung für Kommunalverwaltungen:
- Bürgerservice als Beitrag zum sozialen Frieden
- Informationsgrundlage für Investoren am Wohnungsmarkt
- Bewertung des kommunalen Gebäudebestands
- Verdeutlichung der Bürgerfreundlichkeit und Informationsbereitschaft einer Gemeinde
- positiver Standortfaktor
- Fortschreibung nach § 558 d
1. Definition
Gesetzliche Grundlage des Qualifizierten Mietspiegels bildet seit der Mietrechtsreform von 2001 der § 558 d BGB, sowie die Befugnis zur Datenerhebung nach § 197 BauGB in Verbindung mit der GutVO Saarland.
§ 558d Qualifizierter Mietspiegel
(1) Ein qualifizierter Mietspiegel ist ein Mietspiegel, der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist.
(2) Der qualifizierte Mietspiegel ist im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung anzupassen. Dabei kann eine Stichprobe oder die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland zugrunde gelegt werden. Nach vier Jahren ist der qualifizierte Mietspiegel neu zu erstellen.
(3) Ist die Vorschrift des Absatzes 2 eingehalten, so wird vermutet, dass die im qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben.
Hinweis: Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs seit 01.01.2020:
Der Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete wurde von vier auf sechs Jahre verlängert.
Der §50 BGB regelt die Übergangsvorschriften für bereits bestehende Mietspiegel. Darin heißt es, dass Mietspiegel, die bereits am 31.12.2019 existieren, entsprechend § 558d Abs. 2 des BGB innerhalb von 2 Jahren der Marktentwicklung angepasst werden können.
2. Merkmale eines Qualifizierten Mietspiegels
Gesetzliche Anforderungen an einen Qualifizierten Mietspiegel:
- Anwendung und Dokumentierung anerkannter wissenschaftlicher Methoden:
(z.B. Regressionsanalyse: Abhängigkeitsstruktur von Wohnwertmerkmalen mit dem Mietpreis). Dadurch Überprüfung und Nachvollziehbarkeit gewährleistet.[1]
Datenerhebung und Datenauswertung sind wesentliche Bestandteile des Qualifizierten Mietspiegels.
- Anerkennung durch die Gemeinde oder durch Interessenvertreter der Vermieter und Mieter
- Fortschreibung nach drei Jahren bzw. Neuaufstellung nach sechs Jahren. (Änderung vom 21.12.2019)
Anmerkung: Wird ein qualifizierter Mietspiegel nicht fortgeschrieben, erhält er den Stand eines einfachen Mietspiegels (Mietübersicht) und verliert damit seine besondere Rechtssicherheit.
3. Fortschreibung eines Qualifizierten Mietspiegels
Das BGB lässt zwei Arten der Anpassung zu:
- Fortschreibung unter Zugrundelegung des Verbraucherpreisindexes (VPI), Deutschland oder
- Erhebung einer repräsentativen Stichprobe
Anpassung mittels Index
Eine Indexfortschreibung bietet sich dann an, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Mieten aller Wohnungen in einer Gemeinde sich seit der Erstellung des letzten Mietspiegels im Wesentlichen gleichmäßig entwickelt haben, es also zu keinen größeren strukturellen Veränderungen gekommen ist. (Börstinghaus/Clar, 2. Auflage)
Anpassung mittels Stichprobe
Ein Stichprobenverfahren sollte dann gewählt werden, wenn Anhaltspunkte für stärkere Abweichungen der örtlichen Mietenentwicklung von der bundesweiten Preisentwicklung oder auch für größere strukturelle Veränderungen des örtlichen Wohnungsmarktes vorliegen.
4. Aktuelle Situation des Wohnungsmarktes
Die Mitarbeiter des Gutachterausschusses haben wie in der Vergangenheit die Mietenentwicklung seit dem Mietspiegel 2008 bis heute analysiert und keine größeren strukturellen Veränderungen auf dem Wohnungsmarkt des Saarpfalz-Kreises festgestellt. Diese Recherche wird dadurch bestätigt, dass die Landesregierung des Saarlandes den saarländischen Wohnungsmarkt bisher als nicht angespannt einstuft und daher keine Mietpreisbremse für einzelne Städte und Gemeinden beschlossen hat. Das Forschungsinstitut F + B schreibt in seiner Veröffentlichung „Wohn-Index-Deutschland 2019“, dass sich die Wachstumsdynamik bei der Mietenentwicklung bundesweit abgeschwächt hat. Auch die Veröffentlichung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie „Soziale Wohnungspolitik 2018“ führt aus, dass es nur in städtischen Ballungsräumen einen deutlichen Preisanstieg gibt, nicht aber in ländlich geprägten Räumen.
Zur weiteren Untersuchung wurde eine Auswertung von Angebotsmieten der Stadt Homburg durchgeführt.
In der Mietspiegeltabelle werden jeweils Mittelwerte mit ihrem unteren und oberen Spannenwert ausgewiesen. Innerhalb der Untersuchung wurden die Angebotsmieten mit jeweils dem Mittelwert und dem oberen Spannenwert verglichen. Die Auswertung hat gezeigt, dass ca. 80 % der auswertbaren Angebotsmieten im Bereich zwischen Mittelwert und oberem Spannenwert der Mietspiegeltabelle liegen. Die relativen Mieten haben sich gleichmäßig ohne extreme Steigerungen entwickelt.
Der Bundestag hat zum 21.12.2019 ein Gesetz zur Verlängerung des Betrachtungszeitraums bei der Datenerhebung zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete verabschiedet. Zukünftig müssen bei der Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels die relevanten Mietverträge der letzten sechs Jahre vor dem Erhebungsstichtag herangezogen werden (bisher vier Jahre). Die Bundesregierung erhofft sich hierdurch eine Dämpfung der Mieten insbesondere in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt.
Die Fortschreibung des qualifizierten Mietspiegels 2018 des Saarpfalz-Kreises mittels Stichprobe (Betrachtungszeitraum 2017 – 2019) könnte bei der Neuerstellung des Mietspiegels im Jahr 2021 (Betrachtungszeitraum 2015 – 2021) zu Irritationen führen.
Aufgrund der bisherigen Beobachtungen zeichnet sich jedoch keine wesentliche Abweichung der örtlichen Mietenentwicklung von der bundesweiten Preisentwicklung ab. Die Mitarbeiter des Gutachterausschusses empfehlen daher, die anstehende Fortschreibung mit Hilfe des Verbraucherpreisindex Deutschland durchzuführen. Der maßgebliche Stichtag[2] hierfür ist der 01.07.2017. Somit müssen bei der nachfolgenden Betrachtung die Indexstände vom Juli 2017 und Juli 2019 verglichen und daraus die prozentuale Veränderung ermittelt werden.
Da der Stichtag der Datenerhebung bei der erstmaligen Erstellung des Mietspiegels zeitlich vor dessen Anerkennung und Veröffentlichung lag, ist dies der Zeitpunkt, auf den die Fortschreibung zu erfolgen hat. Es ist der Index für diesen Monat mit dem Index zwei Jahre später zu vergleichen, um auf diese Art und Weise die Steigerung zu ermitteln. Der Stichtag der Datenerhebung ist der 01.07.2017, das Ende der 01.07.2019.
Berechnung der örtlichen Mietenentwicklung vom 1.7.2017 bis zum 1.7.2019:
VPI Juli 2019
------------------ - 1 = prozentuale Steigerung
VPI Juli 2017
106,2
-------- - 1 = 0,036
102,5
Aufgrund der vorstehenden Berechnung beträgt die Mietsteigerung im vorgegebenen Betrachtungszeitraum 3,6 Prozent.
Die Preisentwicklung im Saarland hat sich im Vergleich hierzu wie folgt entwickelt:
106,0
------- - 1 = 0,035 = +3,5 %
102,4
Der VPI Saarland liegt damit im Bundestrend, darf aber für die Indexfortschreibung nicht herangezogen werden.
5. Zustimmung zur Fortschreibung des Qualifizierten Mietspiegels 2020 mittels Index mit 3,6 %
Aus den vorgenannten Ermittlungen ist der Wohnungsmarkt im Saarland nicht angespannt. Aus diesem Grund empfiehlt der Arbeitskreis Mietspiegel, St. Ingbert vertretend durch Frau Geib, mit einem mehrheitlichen Beschluss für eine Fortschreibung mittels Verbraucherpreisindex (Sitzung vom 29.09.2020) und bittet um Zustimmung durch den Stadtrat der Stadt St. Ingbert.
Für die Erstellung des Mietspiegels verantwortliche Mitarbeiter sind:
- Dipl.- Ing. Fritz Lehmann, stellvertr. Vorsitzende des Gutachterausschusses
- Dipl.- Ing. Norbert Jeziorski, stellvertr. Vorsitzende des Gutachterausschusses
- Dipl.- Biogeogr. Lena Matysiak, Geschäftstellenleitung
- Prof. Dr. Schröter, Mitglied des Gutachterausschusses
[1] Aus dem Erfordernis der Erstellung nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen der Statistik kann als Mindestvoraussetzung abgeleitet werden, dass der Mietspiegel auf repräsentativen Daten beruhen muss. (VGL. Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Herausgeber: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen.
[2] Bei der Neuerstellung des qualifizierten Mietspiegels 2018 wurden zeitlich angepasste Mietverträge und Neuverträge aus dem Zeitraum 01.07.2013 bis 01.07.2017 ausgewertet (siehe Dokumentation zum qualifizierten Mietspiegel 2018).
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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