Information - VO/3972/18

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Beratungsfolge

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Erläuterung

Risikovorsorge gegen außergewöhnliche Wetterereignisse

 

Die beiden Starkregenereignisse am 31.05./01.06. und 09.08.2018 stellen sicher einen aktuellen Höhepunkt solcher, klimatisch bedingter, Wettereignisse dar.

 

Da es in der Vergangenheit jedoch immer wieder ähnliche Ereignisse gab, arbeitet die Verwaltung bereits seit Jahren daran durch Verbesserungen an den städtischen Infrastrukturen entsprechend auf solche Phänomene vorbereitet zu sein und dadurch Gefahren zu verringern.

 

Eines muss jedoch vorweg festgehalten werden, trotz aller Verbesserungen besteht immer die Gefahr, dass Wetterereignisse eintreten können, die so intensiv sind, dass die bereits ausgeführten und die zukünftig geplanten Nachrüstungen Schäden nicht verhindern können.

 

Auch daher sieht es die Verwaltung als notwendig an, zukünftig noch stärker in die Beratung zu vorbeugenden baulichen Maßnahmen im Einzelfall einzusteigen, als dies bisher ohnehin der Fall ist. Die bisherigen personellen Kapazitäten sind jedoch begrenzt. Andere Städte, wie z.B. Saarbrücken, haben hier deutlich mehr Personal für derartige Beratungen zur Verfügung.

 

Bei der Beratung von Bauherren wird von der Verwaltung, insbesondere bei bereits als kritisch bekannten Bereichen, auf Schutzmaßnahmen hingewiesen und der Eigenbetrieb Abwasser (EBA) bereits frühzeitig in der Planungsphase mit einbezogen.

 

Die "Hochwasserschutzfibel" (https://www.fib-bund.de/Inhalt/Themen/Hochwasser/) gibt für private Bauherren und Planer wichtige Leitideen vor, die Verwaltung verweist darauf und gibt die Broschüre bei Bedarf heraus. Sobald die "Starkregenschutzfibel" veröffentlicht wird, wird auf diese verwiesen, da sie noch konkreter auf das aktuelle Problem zugeschnitten ist.

 

Derzeit erarbeitet der Eigenbetrieb Abwasser (EBA) selbst einen "Leitfaden zum Einbau von Rückstausystemen" für Bürger und Planer, denn Rückstauklappen, die teils sehr verbreitet sind, können je nach Einbausituation sogar zum Problem werden.

 

Es bleibt zu erwähnen, dass Starkregenereignisse nicht die einzigen herausfordernden Wetterphänomene darstellen. Auch Stürme und langanhaltende Trockenheit sind im Fokus der Verwaltung.

So wird zukünftig das Grillen mit offenem Feuer, auf den städtischen Grillplätze bei länger anhaltender Trockenheit untersagt.

 

Um Sturmschäden vorzubeugen, wird seit langem der Bewuchs auf allen gewidmeten Flächen systematisch kontrolliert. Seit diesem Jahr werden durch Nachpersonalisierung auch die nicht gewidmeten Flächen der Stadt ebenfalls kontrolliert und gepflegt um Schäden durch Stürme vorzubeugen. Leider können auch hier Schäden nicht verhindert werden, denn am Ende bleiben klimatisch bedingte Starkwetterereignisse also "Unwetter", Geschehnisse höherer Gewalt.

 

Daher wird die Verwaltung auch zukünftig in ihrer bereits bestehenden Arbeitsgruppe "Anpassung an den Klimawandel" geschäftsbereichsübergreifend dieses Thema bearbeiten.


Kommen hohe Niederschlagsmengen in kurzer Zeit auf einer eng begrenzten Fläche herab, nennt man das Starkregen. Diese extremen Regenfälle wie z. B. am 1. Juni 2018 verursachen Überschwemmungen, überlaufende Kanäle und Hausüberflutungen.

 

Unterschiedlichen Klimaszenarien zufolge ist künftig vor allem der Westen und Süden Deutschlands von Klimaveränderungen betroffen. Wie aktuelle Untersuchungen zeigen, belegt das südwestliche Saarland mittlerweile bei der Frühjahrs-Regenmenge deutschlandweit den zweiten Platz, im Winter sogar Platz eins. Auch über das komplette Jahr betrachtet nimmt unsere Region mit 944 mm Niederschlag die Spitzenposition ein. Die Wahrscheinlichkeit für katastrophalen Starkregen nimmt zu und damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass Häuser in St. Ingbert überflutet werden.

 

Angesichts außergewöhnlicher Starkregenereignisse und der daraus resultierenden Schäden wird schnell die Forderung nach der Vergrößerung des Kanalsystems (Ableitungskapazitäten) und nach Rückhalteanlagen laut. Nüchtern betrachtet, ist dies weder nachhaltig oder wirtschaftlich ratsam noch – bei besonders heftigem Starkregen – ein nennenswerter Schutzgewinn. Außerdem wäre es nur eine Teillösung, denn die Abflüsse von Dächern und Straßen sind schon überlastet, bevor die Wassermassen den Kanal erreichen.

 

Ein normaler Abwasserkanal kann Starkregenmassen nicht bewältigen. Grund dafür ist, dass unsere Kanäle auf einen „Durchschnittsregen“ ausgelegt sind. Alles andere wäre unwirtschaftlich, da größere Kanaldurchmesser in der überwiegenden Zeit nicht funktionieren würden. Denn je größer der Durchmesser gewählt wird, desto mehr Flüssigkeit muss durchlaufen, um die Feststoffe im Abwasser zu transportieren. In Trockenwetterzeiten würde es in diesen "größeren" Kanälen zu chemischen und biologischen Umbauprozessen kommen, die neben einer starken Geruchsbildung auch eine fortschreitende Korrosion verursachen.

 

Des Weiteren sind die Bachläufe in St. Ingbert durch Verrohrungen und enge Bebauung nicht in der Lage diese Wassermassen in kurzer Zeit ab- und weiterzuleiten. Abwasserkanäle und Verrohrungen sind auf lange Zeiträume ausgelegt. Sie können nicht kurzfristig neu gebaut oder erweitert werden. Aber man kann sie optimierter einsetzen.

 

Die Stadt St. Ingbert hat bereits in der Vergangenheit vielfache Maßnahmen ergriffen um die Auswirkungen von Starkregen zu minimieren. So werden Außengebiete identifiziert, die geeignet sind Regenwasser zurückzuhalten, damit starke Niederschläge erst verzögert ins Kanalnetz fließen. Dieses Programm ist bereits seit dem Jahr 2004 mit vielfachen Maßnahmen in der Realisierung.

 

Weiterhin wird bei Neubauten oder schon bei der Erschließung von Neubaugebieten darauf geachtet, Regenwasser auf den Grundstücken zurückzuhalten. Das kann zum Beispiel direkt über Versickerung in den Boden erfolgen oder durch Mulden zur Zwischenspeicherung. Alternativ kann das Regenwasser auch in einem Teich oder in einem Regenüberlaufbecken aufgefangen werden.

 

In Neubaugebieten bzw. in Plangebieten wird seit Jahren schon mit dezentralen bzw. zentralen Regenrückhaltebecken dem Schutz gegen Überflutungen Rechnung getragen, Bauherren werden verpflichtet private Stauraumkanäle zu erstellen (z.B. Neubaugebiet St. Christophorus Straße).

 

Gefördert werden private Entsiegelungsmaßnahmen bereits seit dem Jahr 2002 durch ein städtisches Förderprogramm, das mit Geldern des Ministeriums für Umwelt realisiert ist.

 

Durch den Abwasserbetrieb und den Entsorgungsverband Saar, EVS werden zurzeit verschiedene Untersuchungen im Stadtgebiet durchgeführt. Die aktuell laufenden hydraulischen Untersuchungen der Stadt St. Ingbert sind eine Grundlage für die Erstellung von Starkregen-Gefahrenkarte und für weitere Planungen im Kanalnetz (z.B. Rückhaltebecken). Des Weiteren ist zurzeit die Fertigstellung eines digitalen Geländescans für das Straßennetz in Arbeit.

 

Das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz des Saarlandes, MfU erarbeitet zurzeit ein Leitfaden für die Erstellung von Starkregengefahrenkarten.

 

Für die Auswertung und Beurteilung der Starkregenereignisse der letzten Jahre in Sulzbach, Wadern und Eppelborn sind unterschiedliche Verfahren in der Untersuchung. Die Evaluation dieser Verfahren soll im letzten Quartal 2018 erfolgen. Die Stadt St. Ingbert ist in diesen Arbeitsgruppen vertreten.  Auf der Basis dieser Untersuchungen wird die Stadt St. Ingbert entscheiden können welches Verfahren zur Erstellung von Starkregenkarten für das Gebiet der Stadt sinnvoll ist.

 

Die Erstellung der Karten wird seitens des Ministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz gefördert, entsprechende Förderrichtlinien werden noch veröffentlicht.

 

Über eine Starkregen-Gefahrenkarte können Bereiche ermittelt werden, in denen besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden sollten oder in denen eine Bebauung nicht empfohlen wird. Für die Erstellung der Starkregenkarte müssen für das HH-Jahr 2019 Mittel bereitgestellt werden. Die Höhe der benötigten HH-Mittel ist zurzeit in Abstimmung mit dem Ministerium für Umwelt.

 

 

Maßnahmen zur Verminderung der Auswirkungen von Starkregen

 

Zur Verminderung der Auswirkungen von Starkregen sind unterschiedlichste Maßnahmen im Stadtgebiet notwendig.

In bereits betroffenen Gebieten in Nord-Rhein Westfalen, Baden-Württemberg u.a. sind von den Landesbehörden Leitfaden herausgegeben worden an denen sich die Stadt St. Ingbert für die Zukunft orientieren kann.

In der folgenden Grafik (Auszug aus dem Leitfaden Kommunales Starkregenrisikomanagement in Baden-Württemberg) sind die Zusammenhänge dargestellt.

 

 

Bild:  Maßnahmenkategorien zur Überflutungsvorsorge durch Starkregen

 

 

Die verschiedenen Maßnahmenkategorien bilden eine Grundlage für vielfältige Lösungsansätze. Infrastrukturbezogene Maßnahmen liegen in der Regel in der Zuständigkeit der Kommune bzw. der entsprechenden kommunalen Betriebe und der Straßenbauverwaltungen. Sie umfassen im Wesentlichen eine auf die Belange der Überflutungsvorsorge ausgerichtete wassersensible Verkehrs- und Straßenplanung.  Hierzu gehören insbesondere die gezielte Schaffung von Notwasserwegen an der Oberfläche sowie die multifunktionale Nutzung von Freiflächen, welche auch den flächenbezogenen Maßnahmen zugerechnet werden kann.

 

Hier können durch gezielte Gestaltung temporärer Ableitungswege und Überflutungsbereiche die schädlichen Auswirkungen von Starkregenabflüssen in der Fläche abgewehrt bzw. gemindert werden.

 

Wesentliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung im Bestand können u. a. fehlende räumliche Nähe geeigneter Flächen zu Überflutungsschwerpunkten, unklare rechtliche Rahmenbedingungen, Anforderungen an die Hygiene oder mangelnde Akzeptanz betroffener Anwohner sein.

 

Bei der Straßenplanung ist auch die hydraulische Leistungsfähigkeit der Straßenentwässerungsanlagen zu berücksichtigen. Insbesondere durch die Anzahl, die Art und die Anordnung der Straßeneinläufe kann die Leistungsfähigkeit der Straßenentwässerung maßgeblich beeinflusst werden.

 

Auch bei der konstruktiven Gestaltung von Verkehrsinfrastrukturen wie Straßenunterführungen können Überflutungsrisiken durch geeignete konstruktive Maßnahmen minimiert werden.

 

Objektbezogene Maßnahmen sind seitens der Grundstückseigentümer zu realisieren. Auf Grund der Erfahrungen der vergangenen Starkregen und der Gefährdungsanalyse durch Starkregengefahrenkarten müssen Grundstückseigentümer bzw. Hauseigentümer einen individuellen Schutz ihrer Objekte durchführen.

 

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