Information - VO/3827/18

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Beratungsfolge

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Erläuterung

Der Ortsrat St. Ingbert-Mitte hat in seiner Sitzung vom 11. Juni 2018 einstimmig gegen das o.a. Vergnügungsstättenkonzept gestimmt.

Er hat wie folgt Stellung genommen:

 

  • Aufforderung, Bordelle im Kerngebiet nicht zuzulassen
  • Erarbeitung eines eigenständigen Verwaltungsvorschlages, wie Bordellbetriebe in St. Ingbert-Mitte minimiert werden können

 

 

Hierzu teilt die Verwaltung Folgendes mit:

 

Die Verwaltung hat seinerzeit das Planungsbüro FIRU GmbH mit der Erarbeitung eines umfassenden Vergnügungsstättenkonzeptes beauftragt. Dabei wurde die Konzeption in zwei Bausteine aufgeteilt:

 

  • Teil A: konzeptionelle Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten
  • Teil B: Empfehlungen zum planungsrechtlichen Umgang mit prostitutiven Einrichtungen

 

In intensiver Abstimmung mit der Verwaltung und somit als Vorschlag der Verwaltung wurden in diesem Konzept Empfehlungen und Steuerungsmöglichkeiten zum Umgang mit diesen Nutzungen in der Stadt dem Stadtrat zum Beschluss vorgelegt.

 

Die Zulässigkeit prostitutiver Einrichtungen kann in diesem Konzept nur aus bauplanungsrechtlicher Sicht dargestellt werden. Im Ergebnis wird die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit im Wesentlichen davon bestimmt, ob ein Vorhaben als Bordell, als bordellähnlicher Betrieb, als gewerbliche Zimmervermietung oder als Wohnungsprostitution einzustufen ist.

Eine einheitliche Begriffsdefinition zu den prositutiven Einrichtungen besteht gegenwärtig nicht. Unter dem klassischen Bordell werden jedoch Einrichtungen klassifiziert, in welchen eine sexuelle Dienstleistung erbracht wird und eine gewisse Größe aufweisen.

Als bordellähnliche Einrichtung sind hingegen die Einrichtungen anzusehen, in denen der Betreiber Räumlichkeiten zur Ausübung der Prostitution vermietet und Serviceleistungen erbringt, die Nutzer aber selbständig über Art und Umfang ihrer Tätigkeit entscheiden (z.B. Laufhäuser, Massagesalons, usw.).

Eine Terminwohnung ist eine Wohnung, in der Prostituierte in ihrem privaten Umfeld ihrer Tätigkeit nachgehen. Die Frauen wohnen oft nur für eine kurze Zeit in diesen Wohnungen, um ihrem Gewerbe nachzugehen. Terminwohnungen werden genau für diesen Zweck von den Vermietern an Prosituierte untervermietet.

Die Wohnungsprostitution wird zumeist in der Privatwohnung der Prostituierten ausgeübt.

 

Auf den Seiten 15 ff des Vergnügungsstättenkonzeptes – Teil B wird tabellarisch aufgeführt, ob die o.a. Einrichtungen gemäß der rechtskräftigen Bebauungspläne nach Baunutzungsverordnung (BauNVO) für St. Ingbert-Mitte zulässig sind oder nicht.

 

Demnach sind Bordelle planungsrechtlich grundsätzlich als sonstige Gewerbebetriebe einzuordnen und in:

 

  • Kerngebieten
  • Industriegebieten und
  • Gewerbegebieten (in den festgesetzten Gewerbegebieten der Stadt St. Ingbert jedoch nur in zwei Fällen)

 

zulässig.

 

Unzulässig sind sie grundsätzlich in:

 

  • Kleinsiedlungen
  • reinen Wohngebieten
  • allgemeinen Wohngebieten
  • besonderen Wohngebieten
  • Dorfgebieten
  • Mischgebieten
  • urbanen Gebieten und
  • Sondergebieten

 

In sonstigen Sondergebieten gem. § 11 BauNVO sind sie je nach Art des Sondergebietes zulässig.

 

Gemäß BauNVO können Bordelle auch in den Gebieten ausnahmsweise für unzulässig erklärt werden, in denen sie grundsätzlich zulässig sind. Die Ausnahme ist dezidiert planungsrechtlich zu begründen. Die Stadt St. Ingbert darf keine sogenannte "Verhinderungsplanung" betreiben. Die Gemeinden haben nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Bauleitpläne aufzustellen, "sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist". Unzulässig ist dabei die Verhinderungsplanung, die keinen positiven Beitrag zur städtebaulichen Entwicklung leistet, sondern nur bestimmte Vorhaben verhindern will. Im Übrigen gilt das Gebot der planerischen Konfliktbewältigung, also die Pflicht, durch Bauleitplanung gerade diejenigen Konflikte zu lösen, die sich nicht sachgerecht ohne planerische Vorgaben entscheiden lassen.

Bordelle ausnahmsweise in den o.a. Gebieten für St. Ingbert-Mitte zuzulassen, erscheint bei der Vielzahl der vorhandenen Bebauungspläne in der Innenstadt rechtlich und verwaltungstechnisch problematisch.

 

Die Steuerungsmöglichkeiten auf Ebene der kommunalen Bauleitplanung sind [aufgrund der o.a. Sachdarstellung sowie aufgrund der Diskrepanzen zum bestehenden Prostitutionsschutzgesetz (z.T. unterschiedliche Einstufung der einzelnen Nutzungen als Gewerbebetrieb)] in der Anwendung deutlich begrenzt und von geringer Effektivität, wodurch eine künftige Steuerung über eine Sperrgebietsverordnung als zielführend erachtet wird (Fazit des Vergnügungsstättenkonzeptes – Teil B).

Das Erfordernis zur Steuerungsmöglichkeit über eine Sperrgebietsverordnung erfolgt durch einsetzende "Trading-Down-Effekte", die einen besonderen städtebaulichen Grund sowie eine daraus resultierende Handlungspflicht ergeben.

Nach Art. 297 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch kann zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes für Teile einer Gemeinde durch Rechtsverordnung die Etablierung von Bordellen verboten werden. Der Erlass einer Rechtsverordnung ist seit 14. Dezember 2017 auch für Städte wie St. Ingbert möglich (früher nur für Städte ab 50.000 Einwohner möglich). Gleichzeitig bedarf es analog zur Steuerung von Vergnügungsstätten die Ausweisung von "Toleranzzonen", in denen der Prostitution nachgegangen werden kann.

Eine Sperrgebietsverordnung ist den Festsetzungen eines rechtskräftigen Bebauungsplanes übergeordnet.

Die Erarbeitung der Sperrgebietsverordnung für St. Ingbert erfolgt verwaltungsintern, im Rahmen einer ämterübergreifenden Arbeitsgruppe (Ordnungsamt, Sozialamt, Stadtplanung und Polizei).

Die in der Vergnügungsstättenkonzeption auf den Seiten 21ff aufgeführten städtebaulichen Kriterien sollen bei der Erarbeitung einfließen:

 

  • generelle Beachtung der baurechtlichen Zulässigkeit von Bordellen und bordellähnlichen Einrichtungen nach BauNVO
  • zum Schutz der Erdgeschosszone vor Verdrängungswirkung sind Bordelle und bordellähnliche Betriebe sowie Wohnungsprostitution in den Kerngebieten nur außerhalb der Erdgeschosszone als ausnahmsweise zulässig zu betrachten, wenn keine negativen Auswirkungen entstehen
  • im unmittelbaren Umfeld von öffentlichen und sozialen Einrichtungen
  • im unmittelbaren Umfeld von sensiblen und besonders schützenswerten Nutzungen wie z.B. Kindergärten
  • im unmittelbaren Umfeld von denkmalwürdigen Bausubstanzen
  • in städtebaulichen Teilbereichen mit touristischer Bedeutung / erhöhtem Publikumsverkehr
  • innerhalb zentraler Versorgungsbereiche
  • entlang hochfrequentierter ÖPNV-Linien
  • im Bereich der Stadteingänge

 

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